Das Abkommen von Cleveland

Das Abkommen von Cleveland

Am 22. Oktober 1915 wurde in Cleveland, der Hauptstadt des US-Bundestaates Ohio, ein Vertrag unterzeichnet, in dem zum ersten Mal der Wille zum gemeinsamen Vorgehen von Tschechen und Slowaken in den Wirren des Ersten Weltkriegs zum Ausdruck gebracht wurde. Das Gebäude, in dem der Vertrag im Tschechischen Nationalsaal feierlich unterzeichnet wurde, existiert bis heute. Das sogenannte Cleveland-Abkommen wurde zwischen der Slowakischen Liga und der Tschechischen Nationalvereinigung ausgehandelt und unterzeichnet. Slavomír Michálek, Direktor des Instituts für Geschichte der Slowakischen Akademie der Wissenschaften erklärt:

„Die Vorstellungen der dortigen Slowaken, wie eine künftige Tschechoslowakische Republik zu funktionieren hat, waren in vielen Aspekten von der existierenden amerikanischen Demokratie geprägt. Mit einer breit aufgefassten Autonomie nach amerikanischem Vorbild."

Der 5-Punkte-Vertrag sah die Loslösung der tschechischen Länder und der noch nicht territorial definierten künftigen Slowakei aus dem bis dahin monarchistischen Staatsverband Österreich-Ungarns sowie die Schaffung einer Personalunion für das gemeinsame Staatswesen zweier Autonomien vor. Darüber hinaus wurden allgemeine und geheime Wahlen sowie die Demokratie als Staatsform festgelegt. Ende Mai 1918 wurde diese erste Vereinbarung durch den Vertrag von Pittsburgh abgelöst. Dieser wurde unter anderem vom späteren Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk unterzeichnet und sah zwar eine Autonomie für die Slowaken vor, allerdings keine Föderation zweier Völker mehr. Theodore Sedgwick, ehemaliger US-Botschafter in der Slowakei und gebürtiger Clevelander, betont hierzu:

„Die Idee, einen demokratischen Staat aufzubauen, wurde den Tschechen und Slowaken von niemandem, von keiner Großmacht, aufgezwungen. Es waren die Landsleute in den USA, die sich Demokratie und Freiheit auch für ihre Heimat wünschten. Darauf sollten die Slowaken stolz sein."

Während der Industrialisierung um die Jahrhundertwende wanderten neben ungarischen Menschen auch zwischen 20 und 25 % der Slowaken aus Oberungarn aus, um in den USA ihr Glück zu suchen. Die größte Gemeinde existierte in der Stahl- und Bergarbeitermetropole im heutigen Rost Belt. In der damaligen Arbeiterstadt entstand ein bunter Mix von Emigranten aus Österreich-Ungarn, die oft auch die Konflikte aus der Heimat mit sich brachten. So kam es beispielsweise 1891 zu Tumulten und Handgreiflichkeiten, ausgelöst von Ungarn, als ein Pfarrer im Gottesdienst von Latein in die slowakische Sprache wechselte. Historiker sehen hier Impulse und Anhaltspunkte für den Wandel der Orientierung der Slowaken weg von den Ungarn und hin zu den Tschechen, der letztlich mit dem Cleveland-Abkommen vom Oktober 1915 zu Papier kam.

Quelle: RTVS

Kay Zeisberg, Foto: Jingoba/Pixabay.com

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