Diesen Herbst haben NGOs in Bratislava 55 Menschen geimpft, die sonst keinen Zugang zu Impfungen hätten. Außerdem wurden in der Hauptstadt bisher mehr als 150 Menschen medizinisch notversorgt. Die Impfaktion wurde von fünf NGOs in Kooperation durchgeführt. Wie deren Vertreter betonen, habe jeder Slowake das Grundrecht auf Gesundheitsversorgung. Bei ihrer Arbeit würden zudem viele der Mythen über Obdachlose entkräftet, etwa dass diese nicht auf ihre Gesundheit achten würden. So sei meist sogar das Gegenteil der Fall, ermögliche ein guter Gesundheitszustand doch Obdachlosen, für kaltes Wetter, Stress, Hunger und soziale Ausgrenzung besser gewappnet zu sein. Allerdings machten gerade Obdachlose oft schlechte Erfahrungen mit medizinischen Einrichtungen. Nina Beňová vom Verein Proti Prúdu sagt, sie sei froh, Obdachlosen diese Hilfeleistungen anbieten zu können. Allerdings seien dringend strukturelle Veränderungen nötig, die allen Bürgern der Slowakei eine vollständige Gesundheitsversorgung garantieren würden.
Laut Gesetz habe jeder Slowake, auch Obdachlose, das Recht auf medizinische Notversorgung in lebensbedrohlichen Situationen, erklärt die Sprecherin des slowakischen Gesundheitsministeriums, Zuzana Eliášová. Allerdings müsse jeder, der nicht durch den Staat versichert sei, selbst für seine Krankheitsversicherung aufkommen. Deshalb schlittern Obdachlose, sobald sie aus dem Sozialsystem herausfallen, meist in eine Schuldenfalle. Finden sie wieder einen Arbeitsplatz, dauert es oft Monate, bis sie ihre Schulden bei der Krankenversicherung wieder abbezahlt haben. Es mag daher kaum verwundern, dass rund 60 Prozent der Obdachlosen in der slowakischen Hauptstadt mit gerichtlichen Pfändungen konfrontiert sind und die Hälfte von ihnen mit Schulden kämpft. Dies ergab die bisher erste Erfassung von Obdachlosen in der slowakischen Hauptstadt, die 2016 von NGOs durchgeführt wurde. Dabei wurden 2.064 Obdachlose, darunter 1.780 Erwachsene und 284 Kinder gezählt. Vertreter von NGOs schätzen allerdings, dass die wahre Zahl der Obdachlosen in Bratislava bei rund 4.000 bis 5.000 liegt.
Quelle: TASR
